
Nachlasspflegschaft und Nachlassverwaltung
Ist der Erbe aber unbekannt, da die Erblasserin oder der Erblasser alleine verstorben ist oder die Verwandten unbekannt sind, kann ein unmittelbares Sicherungsbedürfnis des Nachlasses entstehen. Für diese Fälle kennt das Gesetz das Rechtsinstitut der Nachlasspflegschaft.
I. Nachlasspflegschaft
Mit dem Erbfall tritt hinsichtlich der Erbschaft die sog. Gesamtrechtsnachfolge ein. Durch das Ableben eines Menschen gehen sowohl dessen Vermögen, inklusive aller Nachlassgegenstände, als auch dessen Verpflichtungen unmittelbar auf einen oder mehrere Erben über. Dies geschieht kraft Gesetzes (ipso iure) – für den Übergang bedarf es keines weiteren Zwischenaktes. Entsprechend befindet sich der Nachlass zu keinem Zeitpunkt „in der Schwebe“ zwischen Verstorbenem und dessen Rechtsnachfolger(n), wodurch eine unmittelbare Fürsorgepflicht des oder der Erben mit dem Erbfall entsteht. Ist der Erbe aber unbekannt, da die Erblasserin oder der Erblasser alleine verstorben ist oder die Verwandten unbekannt sind, kann ein unmittelbares Sicherungsbedürfnis des Nachlasses entstehen. Bis zur Ermittlung der Erben können mehrere Monate oder sogar Jahre vergehen. Wer kümmert sich in dieser Zeit um den Nachlass, begleicht Schulden oder wickelt das Mietverhältnis mit dem Vermieter ab? Für diese Fälle kennt das Gesetz das Rechtsinstitut der Nachlasspflegschaft.
§ 1960 BGB regelt eine Fürsorgepflicht des Nachlassgerichts. Besteht ein Bedürfnis, hat das Nachlassgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen. Ziel der Nachlasspflegschaft ist es, dem Erben den Nachlass in seinem ursprünglichen Zustand zu erhalten. Die Auswahl des Pflegers erfolgt nach Ermessen des Gerichts. Der Pfleger ist weder Vertreter des Nachlasses, noch Träger eines privaten Amts. Er vertritt den noch unbekannten Erben im Rahmen des angeordneten Wirkungskreis, wodurch das Nachlassgericht Aufgaben und Befugnisse des Nachlasspflegers festlegt.
1. Sicherungspflegschaft
Voraussetzung zur Anordnung einer Sicherungspflegschaft ist ein Sicherungsbedürfnis bei noch nicht erfolgter Erbschaftsannahme. Das gleiche gilt, wenn der Erbe noch unbekannt ist oder nicht sicher ist, ob er die Erbschaft angenommen hat. Unbekannt ist der Erbe, wenn über die Person des Erben derzeit Unsicherheit besteht; hohe Wahrscheinlichkeit über die Person des Erben genügt aber. Das Sicherungsbedürfnis beurteilt sich nach dem Interesse des endgültigen Erben an der Sicherung und Erhaltung des Nachlasses.
2. Prozesspflegschaft
Da Nachlassgläubiger Ansprüche gegen den Nachlass vor Annahme der Erbschaft nicht gerichtlich geltend machen können, wird ihnen durch § 1961 BGB die Möglichkeit hierzu durch Bestellung eines Prozessnachlasspflegers, der sich in einen Rechtsstreit einlassen muss, gegeben. In den Fällen des § 1960 Abs. 1 BGB ist ein Nachlasspfleger zu bestellen, wenn ein entsprechender Antrag zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs gegen den Nachlass von einem Gläubiger gestellt wird (§ 1961 BGB).
II. Nachlassverwaltung
Nachlassverwaltung ist ein Unterfall der Nachlasspflegschaft. Die Anordnung der Nachlassverwaltung setzt einen entsprechenden Antrag an das Nachlassgericht (§ 1981 BGB) sowie eine die Kosten entsprechende Masse (§ 1982 BGB) voraus.